Kalziumhaushalt und dessen Störungen
- Kalzium spielt eine herausragende Rolle bei vielen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen.
- Es erhält die Integrität der Zellmembranen und dient als intrazellulärer Messenger.
- Kalzium ist beteiligt an der Enzymaktivierung, der Gerinnung und dem Aufbau des Knochens.
- Es beeinflusst die neuromuskuläre Erregung und reguliert den Vasotonus und die Mikrozirkulation, sowie die Inotropie und Arrhythmogenität der Herzens.
- Im Zellinneren ist die Kalziumkonzentration extrem niedrig (10-7 mol/l), sodass das Verhältnis zwischen extra- und intrazellulärem Kalzium ungefähr 10000:1 beträgt.
- Kalzium tritt in die Zelle via Diffusion durch langsame Kalziumkanäle und über einen Natrium-Kalzium-Austausch.
- Über aktive Energie verbrauchende Prozesse wird Kalzium wieder aus der Zelle heraustransportiert.
Regulation:
- Die Regulation des Kalziumbestandes im Körper und der Kalziumkonzentration im Serum erfolgt hauptsächlich über Parathormon (PHT) und Vitamin D sowie zu einem geringen Teil über Kalzitonin. Die Regulation durch PHT erfolgt rasch innerhalb von Minuten bis Stunden, diejenige durch Vitamin D und Kalzium längerfristig über Stunden.
- PHT bewirkt eine erhöhte Resorption von Kalzium in der Niere und stimuliert die Mobilisation von Kalzium aus dem Knochen.
- Vitamin D wird in Leber und Niere zu Kalzitrol umgebaut und bewirkt eine erhöhte enterale Kalziumresorption, sowie eine renale Kalziumrückresorption
- Kalzitonin wirkt als biologischer Antagonist das PHT, es blockiert die Freisetzung von Kalzium aus dem Knochen, vermindert die enterale Kalziumaufnahme und erhöht die renale Kalziumausscheidung.
Kalziumbestand:
- Ca. 99% des Bestandes ist im Knochen gebunden und nahezu nicht austauschbar.
- Weniger als 1% des Kalziums befindet sich extrazellulär
Plasmaspiegel:
- 2,5 mmol/l; besteht zu 50% aus ionisiertem, physikalisch aktivem Kalzium (1,25mmol/l), der Rest ist protein- (40%) oder komplexgebunden (10%).
- Da meist das Gesamt-Ca2+bestimmt wird, muss bei deutlicher Hypo-/Hyperalbuminämie der Wert korrigiert werden:
- Eine Änderung des Albumins um 1o g/l hat eine gleichsinnige Änderung des Kalziums um 0,2 mmol/l zur Folge
Aufnahme und Ausscheidung:
- Tägliche Aufnahme 10 – 80 mmol bzw. 1000 – 1500 mg
- Resorption im proximalen Dünndarm über aktive Vitamin D-abhängige und passive Prozesse
- Ausscheidung renal ca. 150 mg/d und enteral ca. 150-200 mg/d
Hypokalziämie
- Ionisierte Plasmakalziumkonzentration < 1,0 mmol/l
- Gesamtkalzium im Serum < 2,2 mmol/l
- Magnesium-, Phosphat- und Kalzitrolspiegel sollten immer mitbestimmt werden
Ursachen
- Die häufigste Ursache im Rahmen der Intensivtherapie ist die systemische Inflammation und Sepsis, sowie Magnesiummangel und Hyperphosphatämie
- Bei normalem Magnesiumspiegel
- PHT niedrig, Phosphat hoch
- Hypoparathyreoidismus
Passager nach Parathyroidektomie - PHT hoch, Phosphat niedrig
- Vitamin D – Mangel
Therapie mit Antikonvulsiva
Pankreatitis - PHT hoch, Phosphat normal bis erhöht
- Rhabdomyolyse
Renale tubuläre Azidose
Chronische Niereninsuffizienz
- Bei niedrigem Magnesiumspiegel
- Alkoholismus
- Malabsorptionssyndrom
- Medikamentös induziert (z.B. Schleifendiuretika, Gentamicin)
Klinik
- Symptome erst ab ionisierte Kalziumkonzentration von unter 0,8 mmol/L
- Gesteigerte neuronale Erregbarkeit mit Tetanie, Muskuläre Spasmen , Krämpfe, Parästhesien und hyperaktive Reflexe
- Chvostek‘ Zeichen: Beim Beklopfen des N. Facialis im Bereich der Wange wird im positiven Fall Zucken der Mundwinkel ausgelöst
- Trousseau‘ Zeichen: Nach Anlegen eine Blutdruckmanschette am Arm – einige Minuten art. Mitteldruck – kommt es im positiven Fall zur Pfötchenstellung
- Kardiovaskulär: Herzinsuffizienz, Arterielle Hypotonie
- EKG: QT- und ST- Verlängerungen, breiter QRS-Komplex
Therapie:
- 1 g Kalziumglukonat i.v. als initialer Bolus, anschließend kontinuierliche Gabe von 0,5 – 2 mg/kg/KG/h. Nach 2 – 4 h kann die Infusionsrate auf 0,3 – 0,5 mg/kgKG/h gesenkt werden.
- Evtl. Ausgleich eines bestehenden Magnesiummangels
- Evtl. zusätzliche Vitamin D-Gaben
- Orale Substitution von Kalzium zur Langzeitbehandlung
Hyperkalziämie
Gesamtkalzium im Serum >2,7 mmol/l, ionisiertes Kalzium >1,3 mmol/l
Ursachen
- Tumorinduzierte Hyperkalziämie (60% der Fälle)
- Osteolytische Hyperkalziämie bei Knochenmetastasen; Tumorzellen bewirken indirekt über eine Freisetzung von Zytogenen eine Stimulierung der Osteoklasten-Osteolyse-Hyperkalziämie
- Paraneoplastische Hyperkalziämie; ektope Bildung parathormonverwandter Peptide
- Endokrine Ursachen ( 20% der Fälle)
- Hyperparathyreoidismus
- Hyperthyreose
- Nebennierenrindeninsuffizienz
- Medikamentös induziert
- Vitamin D- oder Vitamin A-Intoxikationen
- Thiaziddiuretika
- Kalziumhaltige Kationenaustauscher
- Granulomatöse Erkrankungen
- gesteigerte gastrointestinale Absorption von Kalzium durch eine erhöhte Kalzitrolkonzentration
Klinik:
- Moderate Erhöhung meist symptomlos
- Bei Werten > 3,5 mmol/l Hyperkalzämische Krise
- Niere: Polyurie, Polydipsie (= renaler Diabetes insipidus); bei fehlendem Volumenersatz Exikkose und Anurie, Nephrolithiasis, Nephrokalzinose
- Magen / Darm: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation
- Herz / Skelettmuskulatur: Rhythmusstörungen, Adynamie, Muskelschwäche,
- EKG: QT – Verkürzung
- ZNS / Psyche: Psychose, Somnolenz bis Koma
Therapie:
- Wichtigste Maßnahme ist die Steigerung der Diurese und Kaziurie durch Flüssigkeitsgabe in Form von NaCl 0,9% ( 5l/die und mehr) und Gabe von Schleifendiuretika unter Kontrolle des Wasser- und Elektrolythaushaltes (Substitution von Kalium)
- Bei Nierenversagen Hämodialyse
- Biphosphonate sind das Mittel der Wahl bei tumorinduzierten Hyperkalziämien; Hemmung der Osteoklastenaktivität
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